Unsere diesjährige Urlaubsplanung habe ich dazu genutzt, mal eine RTF im hohen Norden zu fahren. Beim letzten Bodensee-Marathon im Herbst 2016 sind mir einige Teilnehmer aufgefallen, die ein Finisher-Trikot der MSR an hatten. Gegoogelt, bewertet und für interessant befunden. Was es dann auch war, in mehrerlei Hinsicht!

Die Strecke führt in einmaliger Landschaft mit kilometerlangen Baumalleen um die Mecklenburger-Seenplatte, die alleine schon eine Reise wert ist. Ein ganz tolles Rennradrevier! Am Start waren meines Wissens so um die 3000 Fahrer, die ab Freitagabend bis Samstagvormittag in „Blocks“ raus gelassen wurden. Man musste schon bei der Registrierung angeben, wann man starten wollte. Bei mir war das dann am Samstagmorgen um 6 Uhr – in meinem Block waren so um die 100-120 Fahrer. Da war halb Europa am Start! Viele Schweden und mir völlig unbekannte Trikots aus ganz Deutschland. Ist wohl so eine Art Kult-Veranstaltung. Ein bisschen kribbelig war ich schon, man fährt ja nicht gerade jeden Tag mal so 300 Kilometer am Stück und dazu noch auf unbekannter Strecke. Da es sich wie beim Bodensee-Marathon oder der Allgäu-Rundfahrt um eine RTF, also keinen Marathon handelt, steht weniger die Zielzeit, sondern mehr das Bewältigen der Strecke im Mittelpunkt. Dachte ich…

Bereits beim Start wurde ordentlich Gas gegeben, was den ganzen Tag anhalten sollte. Nun gut – man kennt das ja. Ich dachte, die beruhigen sich schon. War dann auch mehr oder weniger so. Gleich auffällig: Strecke sehr gut beschildert, sehr gut abgesichert (aber natürlich nicht komplett gesperrt), sehr diszipliniertes Fahren in der Gruppe und sehr viele, wirklich nette und gesprächsfreudige Mitfahrer (muss wohl am Norden liegen). Ausreichende und ganz toll bestückte „Depots“ (so heißen da oben die Labestationen) mit Suppe, Nudeln, Kaffee (!!!) und allem, was das Radlerherz begehrt. Super!

Schon bei der Ausschreibung habe ich mich gewundert, was da an zu bewältigenden Höhenmetern angegeben wurde -ich dachte, pätschebener Norden. Denkfehler meinerseits! Im Ziel hatte ich 298,6 Kilometer und fast 1500 Höhenmeter auf dem Tacho! 50-70 Bodenwellen a 20-30 Höhenmeter summieren sich halt auf die Distanz doch ordentlich! Manche Ortsdurchfahrten haben mich dann schwer an Paris-Roubaix erinnert. Kopfsteinpflaster vom Feinsten. Ruppig, lang, übel. Da sind manche drüber gebrettert, dass es gerade eine Pracht war. Effekt: viele Platten. Wobei ich bei meinem Thema bin. Ich hatte nicht nur einen, sondern gleich drei davon. Den ersten „Schleicher“ habe ich noch ganz interessiert zur Kenntnis genommen – kann ja mal vorkommen. War so knapp nach KM 100. Kein Thema, Schlauch rein,Patrone drauf und weiter. Beim nächsten Depot dann zum Service marschiert. Sehr netter und engagierter Helfer hat mir dann mit Kompressor den Reifen auf über 8 bar hochgejubelt (ey, musste hier fahren, ist gut bei de Kopfsteine!). 2 Minuten später hats mir dann den Schlauch verissen. Nun gut, zurück zum gleichen Helfer. Schlauch rein, weniger Luft rein und weiter. 10 KM später Kopfsteinpflaster-Attacke und patsch, Nummer 2! Kein Thema, auf Langdistanz natürlich 2. Schlauch und 2. Patrone dabei, rein damit und weiter. KM 225, man glaubt es nicht, Platten. Kein Schlauch, keine Patrone – mitten in der Pampa. Noch genauere Untersuchung des Laufrades (ich hatte ja Zeit :-(): Loch in der Felge über einer Speiche!!! Service angerufen und auf mindestens 30 Minuten Wartezeit vertröstet worden. Ich hab dann gefühlt 1500 Radler an mir vorbeifahren sehen. Einer (!!) davon hat dann tatsächlich angehalten, mir einen Schlauch und einen Papper für das Loch gegeben und auch noch den Schlauch aufgepumpt. Als der gerade weg war, kam der Servicewagen. Von den sehr netten Helfern dann 2 weitere Schläuche geschnorrt (man weiß ja nie….) und irgendwie doch noch ins Ziel gerollert. Da sein wollte ich um 16 Uhr, da war ich dann um kurz nach 18 Uhr. Nettofahrzeit ganz knapp über 10 Stunden, Brutto dann doch stolze 12! Bis auf die gefühlten 210 Schnakenstiche beim Warten an der Straße trotzdem ganz tolles Erlebnis. Wiederholung muss ich mir noch überlegen, ist ja doch ein ordentliches Stück zum Hinfahren aus dem Allgäu.

Allerdings habe ich die 10 Stunden schon mit einer Teilnahme an der Vätternrundan am Vätternseen in Schweden 2018 gedanklich gespielt. Waren sehr viele Finisher-Shirts der Rundan 2016 um mich rum. Nur, wie das daheim erklären???

ganze tolle Rennradregion mit kilometerlangen Alleen!

Karte der 300 KM-Strecke, landschaftlich einmalig, top organisiert!