Bei Traumbedingungen (nicht zu heiß, trocken) und bewusst unter der Woche (kaum Motorräder und insgesamt in den Pässen wenig Verkehr) starteten wir (Anita, Patrick, Helmut) unsere diesjährige Pässetour mit dem Rennrad.

Tag 1 – Thusis-Albulapass-St.Moritz-Malojapass-Chiavenna

Nach 2 Stunden Anfahrt vom Allgäu nach Thusis starteten wir bereits kurz vor 8 Uhr in Sils mit leichtem Gepäck den Anstieg zum Albula. Auf hervorragendem Asphalt ging es in moderater, aber beständiger Steigung hoch nach Bergün, wo kurzzeitig um die 10% in einigen schönen Kehren zu bewältigen waren. Tolle Szenerie, urige Dörfer mit ihren rätoromanischen Bezeichnungen. Immer weiter schraubten wir uns hoch zur Passhöhe auf 2315 Metern und gut 42 gefahrenen Kilometern. Windjacke drüber, das obligatorische Bild vom Pass-Schild und auf breiter, toll zu fahrender Straße runter in Richtung La Punt/St. Moritz. Das Flachstück nach St. Moritz (alles andere als ein schöner Ort) war jetzt nicht so prickelnd, aber der Ausblick auf die Silvaplana entschädigte hier doch für den heftigen Wind, der uns zunächst anschob, dann aber doch auch drehte und Einsatz an der Kurbel verlangte. Vorbei am Silser See gings dann nach Maloja, wo uns spektakuläre Serpentinen, toller Teer und tolles Panorama am legendären Maloja-Pass erwartete. Nach dem ersten Cappucino in Italien ging es weiter nach Chiavenna, wo wir nach 5.14 netto im Sattel, 115 Kilometern und 2150 Höhenmetern in den Beinen einrollten. Patrick hatte uns tolles und günstiges Hotel gebucht. Bei knapp 30 Grad, blauem Himmel ging es nach einer ausgiebigen Dusche in die tolle Altstadt, wo wir die Zeit bis zum Abendessen mit Cappu, Gelati und Fachgesprächen bis zum Abendessen überbrückten. Patrick drehte noch eine Zusatzeinheit zu einem Örtchen über Chiavenna.

 

 

Tag 2 – Splügen – Alter San Bernardino – Via Mala – Thusis

Nach einer sehr warmen und südländisch akustisch begleiteter Nacht ging es nach einem feinen Frühstück bei bewölktem Himmel und sehr angenehmen Temperaturen an den Anstieg zum Splügenpass. Bis zur Passhöhe erwarteten uns 32 Kilometer, verteilt auf malerische 1750 Höhenmeter. Ein sehr fein zu fahrender Pass! Durchschnittlich angenehme Steigung, nur eher wenige Passagen waren in zweistelliger Prozenthöhe. Durch die spektakulär angelegten Serpentinen konnten wir sehr schnell an Höhe gewinnen. Kurzzeitig konnte man sogar flach rollen aber ansonsten war die Tendenz in Richtung Oben. Ganz klasse die vielen Tunnels und Galerien, wobei wir hier ganz froh waren, dass wir an den Rennern Beleuchtung angebracht hatten. Mitten in einem dunklen Tunnel löste sich eine Geiß von der Felswand und sprang quer vor uns über die Straße! Madame hat wohl das Tropfwasser an der Tunnelwand angelockt! Krass. Hochalpine Szenerie dann entlang des Lago di Montespluga, wo wir kurzzeitig sogar auf das große Kettenblatt wechseln konnten. Noch ein paar fetzige Serpentinen, dann standen wir an der Passhöhe,wo uns der  Wind fast von der Kuppe fegte. Hier wieder das übliche Bild vom Schild, kurzzeitiges Erstaunen über einen Urlauber, der einen monströsen Campinganhänger über die Passhöhe in Richtung Splügen wuchtete und der Blick auf pickfein ins Gelände gelegte Serpentinen hinunter nach Splügen. Feinster Teer, nicht mal Riesel oder Kies in den Kurven – genial. Unterbrochen wurde der rauschende Downhill nur von einer Baustelle. In Splügen kurze Einkehr beim Ortsbäcker, der Blick in den Himmel und entgegen des Rats des Bäckers ging es dann in Richtung Nufenen mit Ziel „alter San Bernardino“, der uns noch fehlte in der Pässesammlung. Was für eine gute Entscheidung – trotz erst drohender Wolken. Mit fettem Rückwind ging es in Richtung Pass. Hinterrhein lockte mit einem netten kleinen Backschtübli, wo es einen feinen Kaffee gab und der Chef ungläubig fragte, wo wir herkommen und wo wir hinwollen. Patrick beantwortete seine Fragen nach „habts vermutli E-Velos, hä?“ mit dem dezenten Hinweis, dass das einzige was bei uns „E“ ist, unsere Oberschenkel sind. Wir durften dann unsere Rucksäcke im Depot lassen und konnten uns unbeschwert den einzigartig tollen alten Bernardino hochschrauben. Super angelegter Pass, kaum Betrieb. 7,7 Kilometer, 460 Höhenmeter und durchschnittlich gerade mal 6 Prozent Steigung hinterließen bei uns trotz dem Splügen in den Beinen bei Auf- und Abfahrt breites Grinsen im Gesicht. Sagenhaft! Die Rückfahrt führte uns dann über Sufner See, Bärenburg und Andeer entlang der Via Mala zurück nach Thusis. Der Garmin notierte 5 Stunden 40 Minuten reine Fahrzeit, 110 Kilometer und kuschelige 2700 Höhenmeter!

Fazit: fast 11 Stunden im Sattel, 225 Kilometer, 4860 Höhenmeter mit toller Truppe, keinem Defekt und keiner kritischen Situation